LESUNG AUS DEM BRIEF DES APOSTELS PAULUS AN DIE PHILIPPER (3,8-14)
EVANGELIUM nach Joh (8,1-11)
„Jesus ist mein Herr (d.h.: ich stehe in seinem Dienst) - Zu ihm will ich gehören - Ihn will ich immer besser kennenlernen - Ich will Christus ähnlich sein, ich setze alles daran, das Ziel zu erreichen.“ Und warum will ich das? „Weil Gott durch Christus für mich etwas getan hat. Das zählt; daran glaube ich. Ich werde auch mit allen, die an Christus glauben, von den Toten auferstehen.“ Mit anderen Worten: Dieses, mein Leben, ist mit meinem Tod nicht zu Ende. Ich werde weiterleben.
Das sind Worte eines Mannes, der zuerst das Christentum bekämpft hat. Ein leidenschaftlicher Glaube eines Mannes, für den Jesus Christus alles bedeutet. Glauben auch wir so an Jesus?
Im Evangelium vom letzten Sonntag haben wir erfahren, dass Gott sich - durch Jesus - zu erkennen gegeben hat als einer, der seinen verlorenen, schuldig gewordenen Sohn mit offenen Armen wieder aufnimmt, bedingungslos. Gott, der barmherzige Vater. Heute handelt Jesus genauso wie dieser Gott-Vater, indem er eine schuldig gewordene Frau nicht abstößt, nicht verurteilt, sondern ihr eine neue Lebenschance gibt.
Menschen verurteilen gerne andere. Sie sind der Meinung: Wer sich schuldig gemacht hat, gehört bestraft, eingesperrt, aus dem Verkehr gezogen. Das verlangt die Gerechtigkeit. Man kommt sich gut vor, wenn man so redet. So wie die Männer, die diese Frau verurteilen und bestrafen wollen. Im Namen der Gerechtigkeit ist man oft beinhart, erbarmungslos – zumindest, wenn es um die Schuld anderer geht. Dieser Ruf nach Gerechtigkeit entspringt aber oft nur heimlichen Rachegefühlen. Helmut Qualtinger soll einmal gesagt zu haben: „Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen“.
Jesus denkt und urteilt anders. Er verhält sich wie Gott. Er hat eine andere Grundeinstellung gegenüber Menschen, die sich schuldig gemacht haben. „Wer ohne Schuld ist, werfe den ersten Stein auf sie!“ Wer ist schon ohne Schuld? Alle schleichen sich in Stille davon, die Ältesten zuerst. Sie waren wenigstens ehrlich.
Jesus sagt zu der Frau: „Ich verurteile dich nicht. Geh und tue das nicht mehr!“ Er heißt also nicht gut, was diese Frau getan hat. Aber er gibt ihr eine neue Chance, in diesem Fall sogar eine neue Lebenschance. Jesus tut hier etwas unheimlich Wichtiges: Er unterscheidet zwischen dem Menschen und seiner Tat. Falsche, schlechte Taten sollen wir nicht gutheißen und sie deutlich anklagen, verurteilen. Aber nicht den ganzen Menschen, der etwas Falsches getan hat. „Was du gemacht hast ist falsch. Aber ich akzeptiere dich trotzdem als Mensch. Du bist trotzdem wertvoll. Du hast trotzdem das Recht neu anzufangen, eine neue Chance zu bekommen. Ich traue dir zu, dass du besser bist als das, was deine schlechte Tat über dich jetzt aussagt!
Wir kennen noch andere Sprüche von Jesus, die eigentlich das Gleiche meinen: „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet, denn mit dem Maß, mit dem ihr messt, werdet auch ihr gemessen werden... Was siehst du den Splitter im Auge deines Bruders und übersiehst den Balken in deinem eigenen Auge?“ Und als seine Jünger fragen: „Sollen wir gehen und das Unkraut ausreißen?“ antwortet Jesus : „Nein, damit ihr nicht zusammen mit dem Unkraut den Weizen ausreißt.“ Lerne also Geduld zu haben miteinander und mit euren Fehlern. Vergiss nicht: du hast auch viel an dir, was andere ertragen müssen. Überlassen wir das endgültige Urteil Gott. Und Gott ist menschlicher als wir.
Paulus sagt, er will ähnlich wie Jesus sein, ähnlich wie er handeln, auch wenn ihm das nicht immer gelingt. Es ist ein Ziel, das er noch nicht erreicht hat. Ist es auch mein Ziel, das ich immer wieder aufs Neue anstrebe? Denke und handle ich wie Jesus? Bin ich auch bereit, so mit schuldigen Menschen umzugehen, wie er es tat?